„Für Yoga bin ich nicht beweglich genug.“ Das dachte ich auch, bevor ich mit Yoga angefangen habe. Nun hat es seit eineinhalb Jahren einen festen Platz in meinem Leben und ich möchte die Energie, Ruhe und Kraft, die ich durch Yoga erfahre, als auch mein sich stetig verbesserndes Körpergefühl nicht mehr missen.
Falls du schon mit dem Gedanken gespielt hast, Yoga auszuprobieren und mehr darüber wissen wolltest, ist dieses Interview für dich. Meine wunderbare Yogalehrerin Petra Greiner beantwortet hier ein paar grundlegende Fragen und räumt mit Vorurteilen auf.
Was ist Yoga?
Das Wort Yoga kommt aus dem indischen Sanskrit und bedeutet „Einheit / Harmonie“. Yoga wird am häufigsten mit Körperübungen in Verbindung gebracht. In Wahrheit umfasst die Praxis des Yoga weitaus mehr. Sie besteht aus umfassenden Übungen und Techniken wie Körperübungen, Atemübungen, Tiefenentspannung und Meditation, die eine Harmonisierung von Körper, Geist und Seele bewirken. Yoga führt uns zur Einheit und Verbundenheit mit uns selbst (und dem Kosmos) zurück.
Im Yoga gibt es verschiedene Stile, die alle mehr oder weniger den ursprünglichen Sinn und Zweck verfolgen. Yoga kann auch lediglich zur Enstpannung oder zur Stärkung der Muskulatur genutzt werden.
Warum ist die Atmung beim Yoga so wichtig?
Leben ist Atem und Atem ist Leben. Durch den Atem sind wir mit unserer Lebensenergie (Prana) verbunden, die stetig durch uns hindurch fließt. Indem wir mit dem Atem arbeiten, aktivieren und nutzen wir diese Lebensenerige bewusst.
Der Atem hat auch unmittelbar Zugang zur Welt unserer Gedanken und Gefühle, die sich immer in einem Atemmuster wiederspiegeln. Je ruhiger und tiefer unser Atem ist, desto entspannter sind wir und desto besser kann das Leben durch uns fließen.
Der Atem hilft uns auch, (gedanklich) zur Ruhe zu kommen. Atem ist immer jetzt. Wir können weder in die Vergangenheit noch in die Zukunft atmen. Mit Fokus auf den Atem entsteht Gegenwärtigkeit und Gedankenstille. Er hilft uns dabei, im jetzigen Moment und in unserer Mitte anzukommen.
Wie kamst du zum Yoga und was begeistert dich so daran?
Ich kam durch eine Freundin zum Yoga. Bis zu diesem Zeitpunkt fand ich bei keiner Sportart diese Befriedigung und das Gefühl, meinen Platz gefunden zu haben. Ich bin von meinen Wesen eher der quirlige, oft hektische und aktive Typ. Doch sobald ich auf meiner Matte stehe, bin ich auf dem Punkt. Ich bin zentriert und völlig bei mir. Das Ineinandergehen von Anspannung und Entspannung.
Welche positiven Auswirkungen hat Yoga und wie hat es dein Leben verändert?
Die positiven Auswirkungen sind unter anderem:
- Das Gefühl völliger Entspannung
- Innere Ruhe und Gelassenheit
- Verbundenheit mit sich selbst (und dem Universum)
- Mehr Energie und Vitalität
- Geistige Klarheit
- Gesteigerte Konzentrationsfähigkeit
- Stärkung des Immunsystems
- Neues Selbstvertrauen
- Verbessertes Körpergefühl
Auch körperliche Beschwerden kann es lindern. Zum Beispiel:
- Verschwinden von Rücken- und Kopfschmerzen
- Reduzierung von Schulter- und Nackenverspannungen
Für mich persönlich hat es bewirkt, wieder in Kontakt mit mir selbst zu kommen und meine eigenen Bedürfnisse besser zu erkennen. Es hat mir geholfen, mehr Freude zu empfinden, meine eigene Stärke zu erkennen und dadurch auch den Umgang mit meinen Ängsten, Sorgen und nicht so schönen Lebensumständen zu erlernen.
Für wen empfiehlst du Yoga?
Ich empfehle Yoga für alle Menschen. Da unser Leben immer schneller, hektischer und anstrengender wird, brauchen wir einen Ausgleich. Wir benötigen dringend Ruhe, Zeit und das Innehalten. Die Gedanken zur Ruhe zu bringen und die Kunst loszulassen. Dafür ist Yoga bestens geeignet.
Und jeder, der sich auf Yoga einlässt, findet mit der Zeit seine Yogarichtung. Pattabhi Jois (ein Yogameister) hat einmal auf die Frage, ob jeder Yoga praktizieren kann, geantwortet:
„If you can breath you can do yoga.“
(Wenn du atmen kannst, kannst du Yoga machen)
Welche Yogastile gibt es und für wen sind diese geeignet?
Es gibt mittlerweile sehr viele Yogastile und das Angebot wächst stetig. Es zählt mittlerweile zu einem stetig wachsenden Wirtschaftszweig. Lachyoga ist vielleicht einigen bekannt, mittlerweile gibt es sogar schon Bieryoga. Ich persönlich unterscheide sechs Richtungen des Yoga
- Jnana Yoga: Yoga des Wissens
Auch Yoga der Erkenntnis genannt. Es beruht auf der Selbstbefragung: Wer bin ich? Und besteht aus vier Schritten: Hören, Nachdenken, Meditieren und Verwirklichen. - Bhakti Yoga: Der Weg der Hingabe zu Gott
Hier wird viel mit Mantras gearbeitet. Es geht um Liebe, Hingabe und der Erweckung (Vertiefung) des persönlichen Verhältnisses zu einer höheren Kraft.
- Karma Yoga: Yoga der Tat
Hier steht das Handeln im Mittelpunkt. Die Taten werden Gott gewidmet. Durch das selbstlose Dienen wird unter anderem das Herz gereinigt und Egoismus, Hass oder Eifersucht aufgelöst.
- Kundalini Yoga: Yoga der Energie
Durch Kundaliniübungen werden (schlafende) Energien im Menschen erweckt mit dem Ziel, das volle Potential des Menschen zu entfalten.
- Hatha Yoga: Yoga der Körperschulung
Das ist der im Westen bekannteste Yoga-Stil. Er besteht vor allem aus Körperübungen (Asanas), Atemübungen (Panayamas) und Tiefenentspannung (Savasana) und strebt das Gleichgewicht zwischen Körper und Geist an. - Raja Yoga (Königsyoga)
Hier wird die Herrschaft über den Geist angestrebt. Es ist auch unter der Bezeichnung Kriya Yoga oder Asthanga Yoga bekannt. Es besteht aus einer anstrengenden und dynamischen Abfolge von Asanas.
Eine Stilrichtung kann ich niemandem empfehlen, weil jeder Mensch sehr unterschiedlich ist. Hier hilft nur, auf eine spannende Entdeckungsreise zu gehen: Ausprobieren, sich darauf einlassen und seinen eigenen Weg finden. Auch Yogalehrer unterrichten ganz unterschiedlich und auch hier darf gerne ausprobiert werden. Zwischen Schüler und Lehrer sollte die Chemie stimmen. Ich persönlich habe meinen Platz im Hatha und vor allem Ashtanga Yoga gefunden und unterrichte diese Stile, oft auch in einem Mix aus beiden Richtungen.
Was sagst du zu Menschen, die glauben, nicht gelenkig genug für Yoga zu sein?
Im Yoga geht es nicht um Gelenkigkeit oder darum, wie weit oder extrem sich jemand verbiegen kann. Es geht auch nicht darum, perfekt auf der Yogamatte zu sein. Es geht vielmehr um die Achsamkeit sich selbst gegenüber. Achtsam und liebevoll mit seinem Körper und mit sich selbst umzugehen. Die eigene Begrenzung und Beweglichkeit zu spüren und sie vor allem anzunehmen.
Nicht der ist ein guter Yogi, der sich extrem verbiegen kann, sondern der, der Yoga mit Hingabe übt. Und nach einiger Zeit Yogapraxis verändert sich dann auch ganz automatisch die Beweglichkeit. Wie im Leben ist auch hier der Weg das Ziel 🙂
Welche Herausforderungen begegnen einem im Yoga und wie kann man, mit ihnen umzugehen?
Eine Herausforderung ist zum einen das gleichmäßige und ruhige Atmen in den einzelnen Yogaposen. Die meisten Menschen neigen dazu, bei Anstrengung den Atem anzuhalten, flach oder kurz zu atmen. Im Yoga üben wir während der Anspannung weiter bewusst und ruhig zu atmen und entspannt zu bleiben.
Zum anderen kann auch der Anspruch an sich selbst eine große Herausforderung darstellen. Viele von uns sind dazu erzogen worden, ihren Erfolg an sichtbaren Ergebnissen zu messen und nach Leistung bewertet zu werden. Und genau das sollte im Yoga nicht verfolgt werden.
Yoga bedeutet, bei sich und auf seiner Matte zu bleiben. Sich auch nicht umzuschauen, ob vielleicht der Nachbar beweglicher ist, als man selbst. Es geht darum, liebevoll und achtsam mit sich umzugehen. Yoga lehrt einen, sich so anzunehmen, wie man ist und seine eigene Wachstumsreise zu erleben. Sein wie man ist und werden, was man sein kann. Das ist wohl die größte Herausforderung und der vielleicht schönste Lerneffekt.
Welche Beziehung hast du zu deinem Körper. Hat sie sich durch Yoga verändert?
Früher war ich oft sehr unzufrieden mit meinem Aussehen und wollte anders sein. Durch die Yogapraxis und natürlich auch durch das Älterwerden, hat sich mein Blick darauf geändert. Ich habe gelernt, dass ich so gewollt bin, wie ich erschaffen wurde.
Egal ob dick oder dünn, groß oder klein. Jeder Mensch ist in seinem Ganzen etwas Besonderes. Und als ich das verstanden habe, hat sich auch das Verhältnis zu meinem Körper geändert. Mir fällt es heute so viel leichter, ihn zu akzeptieren und ihn sogar zu mögen. Durch Yoga habe ich gelernt, mit ihm zusammenzuarbeiten und bewusster und wertschätzender mit ihm umzugehen.
Wie integrierst du Yoga in deinen Alltag?
Durch das Unterrichten von Yoga und das Vorbereiten auf die Stunde, hat die Praxis schon einen großen Raum in meinem Alltag. Zudem versuche ich, eine Morgenroutine einzuhalten und meinen Tag mit Yoga / Meditation und Atemübungen zu beginnen. Ich stelle meinen Wecker eine halbe Stunde früher, um mir die Zeit für mich zu nehmen. Mache ein paar Minuten Meditation. Ein paar Minuten Atemübungen und danach ein paar Sonnengrüße. Auch wenn diese Routine mit zwei Kindern nicht immer so einzuhalten ist, wie ich mir das wünsche, klappt es meistens ganz gut.
Welche Empfehlung hast du für Menschen mit wenig Zeit?
Sich bewusst die Zeit zu nehmen. Da reichen oft schon zehn Minuten. Und die haben wir eigentlich alle übrig, wenn wir wollen. Meiner Meinung nach ist es sinnvoller, lieber zehn Minuten täglich Yoga zu praktizieren, als einmal pro Woche eine Stunde.
Welches Mantra passt zu deiner Lebensphase?
Lokah Samastha Sukkhino Bhavantu
Übersetzt heißt das: Mögen alle Wesen in allen Welten glücklich sein.
Und das Ashtanga Yoga-Mantra, in dem wir dankbar der uralten Tradition gedenken und uns zeitgleich daran erinnern, worum es uns bei der Praxis geht: Unsere wahre Natur zu erkennen.
Was ist dein wichtigster Tipp für jemanden, der mit Yoga anfangen möchte?
Tu es! 🙂
Deine Petra
Hast du Lust auf diese Erfahrung bekommen oder machst bereits Yoga? Was schenkt dir diese Praxis? Lass uns gerne daran teilhaben.
Weiterführende Links:
- Mehr Informationen zum Yoga findest du auf Yogawiki.
Hi, ich bin Bettina. Als Coach und Autorin helfe ich hochsensiblen Menschen dabei, Stabilität und Stärke in sich selbst zu entwickeln und ein Leben zu gestalten, das sie tief im Inneren zufrieden macht.