Wie du dich von Schuld(gefühlen) befreien kannst

4. Oktober 2016

Schuldzuweisung sind nicht nur ein großes Thema im Umgang miteinander, auch sich selbst gegenüber neigen viele Menschen dazu, sich Vorwürfe zu machen und damit Schuld einzureden.

Was Schuld ist

Schuld ist keine Tatsache, sondern ein Gefühl.

Ein Gefühl, das man sich selbst oder anderen gibt. Ein Gefühl, das einengt, bedrückt, das Energie kostet, das Angst macht und auch lähmen kann. Ein Gefühl, das abhängig macht gegenüber dem, dem man sich schuldig fühlt. Das ein schlechtes Gewissen, Zweifel, Versagensängste und mangelndes Selbstvertrauen verursacht.

Schuld hat nichts Positives. Sie hat nicht zum Ziel, sich selbst und damit den Zustand aufzulösen, weil Schuld nur als Schuld existiert.

Einmal schuldig – immer schuldig.

Schuld ist schwer auszulöschen – im eigenen Herzen und in dem anderer Menschen. Auch eine Wiedergutmachung kann das nicht immer erreichen. Unvergessen ist sie oft über Jahre hinweg im Gedächtnis und der Seele eingebrannt.

Warum wir jemanden schuldig sprechen

Wer in Schuld denkt, fühlt sich in irgendeiner Art vernachlässigt, im Unrecht, gekränkt, ist enttäuscht oder verletzt und sucht jemanden, den er für dieses Gefühl verantwortlich machen kann.

Und dieser jemand wird auch sicher jemanden finden. Dabei muss die Person, die er verurteilt, nicht mal schuldhaft gehandelt haben.

Es kann auch:

  • mangelnde Kommunikation
  • zu hohe Erwartungen
  • zu wenig Rücksicht
  • ein Missverständnis
  • ein Versehen

„Schuld“ an dem Ereignis gewesen sein, bei der diese Person selbst einen Anteil beiträgt.

Aber anstatt zu denken, urteilen wir Menschen lieber.

Wir suchen uns Schuldige, um für Dinge, die nicht so gelaufen sind, wie sie laufen sollten, Verantwortliche zu finden, die wir zur Rechenschaft ziehen können.

  • Um selbst nicht dafür gerade stehen zu müssen.
  • Um unsere Wut an dem Schuldigen ablassen zu können.
  • Um uns besser zu fühlen, weil der andere sich schlecht fühlt.

Jemanden schuldig zu sprechen ist weder nötig, noch zielführend. Es ist wie es ist. Das Ereignis ist geschehen. Daran kann eine Schuldzuweisung auch nichts mehr ändern.

Warum also daran festhalten?

Weil sich das Ego dadurch besser fühlt?

Wir sollten Schuld auf eine andere Art betrachten. Auf eine Art, dass sie zu einem Zustand wird, der auszulöschen ist. Und das kann geschehen, indem man das Wort „Schuld“ aus dem Wortschatz und den Gedanken löscht und durch ein anderes ersetzt.

Von Schuld befreien – so einfach geht es

Im Leben gibt es immer eine Ursache und eine Wirkung. Alles was passiert, passiert aus irgendeinem Grund – aus einer Ursache.

Schuld ist der Grund und demnach die Ursache für eine Wirkung.

Deswegen versuche, das Wort Schuld durch Ursache zu ersetzen.

Ein Beispiel:
NICHT: Ich bin schuld, dass ein Mensch mit Verletzungen im Krankenhaus liegt, weil ich zu spät gebremst und dadurch aufgefahren bin.
SONDERN: Meine verspätete Reaktion ist Ursache dafür, dass ein Unfall mit einer verletzten Person entstanden ist.

Was passiert dadurch?

Das Gefühl der Schuld ist weg. Wie ausradiert. Das Gefühl, das einengt, bedrückt, das Energie kostet, das Angst macht und auch lähmen kann. Das Gefühl, das abhängig macht gegenüber dem, dem man sich schuldig fühlt. Das ein schlechtes Gewissen, Zweifel, Versagensängste, mangelndes Selbstvertrauen verursacht.

Stattdessen steht eine Gleichung vor dir:
Diese Ursache verursachte dieses Ergebnis.

Dadurch sollst du dich nicht aus der Verantwortung ziehen. Ganz im Gegenteil. Du sollst aus der Opferrolle steigen und Raum zum Handeln bekommen. Wenn das negative Gefühl, das mit dem Vorwurf der Schuld einhergeht, verschwindet, kannst du leichter mit der Situation umgehen. Du siehst klarer. Du siehst die Wahrheit, das, was ist, ohne es zu bewerten.

Ohne die Last der Schuld.

Wer in Ursache anstatt in Schuld denkt, lenkt die Kraft, die Schuldgefühle kosten, in Energie zur Veränderung um.

Dadurch bist du handlungsfähiger.

Vergebung liegt nicht in deinen Händen

Du darfst dich trotzdem entschuldigen, etwas wieder gut machen und dir darf etwas leidtun. Du kannst und sollst bestmöglich mit der Situation umgehen.

Aber bedenke auch, dass mit deinem Beitrag, den du eventuell leistest oder aber allein durch die Erkenntnis, was du beim nächsten Mal anders tun würdest, dein Teil getan ist. Mehr kannst du nicht tun, als aufrichtig zu sein und aus dieser Erfahrung zu lernen.

Dann bist du frei.

Für die Vergebung bist du nicht verantwortlich.

Vergebung ist eine freie und persönliche Entscheidung eines jeden einzelnen Menschen. Du kannst keinen dazu bringen, dir zu verzeihen. Ein riesiges Schuldgefühl in dir, eine Wiedergutmachung oder ein Leben lang in Schuld zu stehen braucht es dafür nicht.

Wenn ein anderer dir nicht vergibt, ist das seine Entscheidung. Dann beharrt er darauf, dich schlecht und sich besser fühlen zu lassen.

Lass los von dem Glaube, dass du jemanden dazu bewegen könntest, dir zu verzeihen.

Es gibt keine Schuld

Bedenke immer: schuldig wird jemand gesprochen, wenn ein anderer sich verletzt, gekränkt, angegriffen fühlt oder wenn Erwartungen nicht erfüllt wurden.

Schuld verursacht ein schlechtes Gefühl und dient dazu, sich dadurch besser zu fühlen und dich zur Rechenschaft zu ziehen für die Enttäuschung, die du in einem anderen ausgelöst hast.

Aber Schuld ist nicht nötig, um Einsicht zu bekommen.

Ein Opfer denkt an Schuld und fühlt Last.

Selbstfürsorge heißt, an Ursache und Wirkung zu denken und Befreiung zu finden. Die Wahrheit zu sehen und zu tun, was möglich und nötig ist. Einsicht zu erlangen und an der Situation zu wachsen.

  • Es gibt keine Schuld.
  • Es gibt Ursache und Wirkung.
  • Und am Ende die Erfahrung und die Erkenntnis.

Übrigens: Je stärker dein Selbstwertgefühl ist, desto weniger Schuldgefühle wirst du dir machen, weil du mit mehr innerer Stärke den Dingen begegnest.

Wie steht es denn um deinen Selbstwert? Mach hier den Selbstwert-Test und finde es mit wenigen Fragen heraus!

9 Gedanken zu „Wie du dich von Schuld(gefühlen) befreien kannst“

  1. Danke für diesen Beitrag. Ich habe noch nie etwas zum Thema Schuld gelesen. Das war sehr hilfreich für mich. Damit ich an mir arbeiten kann und nicht einfach Texte konsumiere, ohne etwas zu verändern, habe ich mir in meinen Kalender ganz oft „Ursache statt Schuld“ geschrieben. Als Erinnerung dafür, an meiner Einstellung zu arbeiten. Ich gerate zur leicht in Rage. Hinterher fühle ich mich immer schuldig. Mir vorzunehmen, nicht mehr wütend zu werden, hat nicht geklappt. Ich habe versucht zu analysieren, wann und warum mir das passiert und dann etwas zu verbessern, z. B. zu meditieren, Sport zu machen, an die frische Luft zu gehen. Dein Beitrag ist eine weitere Hilfe. Die kann ich gut gebrauchen. Es lief schon besser, meine Wut im Zaum zu halten. Vielleicht tut es mir gut, wenn ich mich nach einem Kontrollverlust weniger schuldig fühle, damit ich diesen Kreislauf besser durchbrechen kann. Ich finde es ganz schön schwer, etwas an sich zu verändern. Selbsterkenntnis finde ich ja relativ einfach. Aber die nächste Stufe zu erreichen, also etwas zu verändern und das auch noch dauerhaft, das ist schwer. Wenn es mir gut geht, dann sehe ich kleine Erfolge und bin zuversichtlich. Aber wenn das Leben es mal wieder nicht so gut mit mir meint, dann falle ich in alte Verhaltensmuster zurück. Also vielen Dank für deinen Tipp.

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    • Liebe Luise,

      vielen Dank auch dir! Ich bin gespannt, wie die Umsetzung klappt mit deinen Kalendereinträgen. Ich würde mich freuen, wenn du uns davon berichtest und wünsche dir natürlich sehr, dass du deine Wut dadurch besser in den Griff bekommst.
      Ich kann dir nur Recht geben, dass die Umsetzung immer das Schwerste an einer Veränderung ist. Aber Durchhalten zahlt sich aus. Dranbleiben und weiter machen. Auch wenn es Phasen geben wird, in denen man alles hischmeißen möchte, weil man glaubt, es bringt nichts.
      Du bist nicht allein!
      Alles Gute dir und viel Erfolg
      Liebe Grüße
      Bettina

  2. Sehr gute Betrachtung zum Thema „Schuld“. Bin absolut Deiner Meinung. Luise hat es sehr gut auf den entscheidenden Punkt gebracht. All das Wissen nützt nichts, wenn man es nicht praktisch bei sich umsetzen kann. Und das nicht nur für 2-3 Tage, sondern dauerhaft. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass viele mentale Veränderungen bei sich selbst nur dauerhaft funktionieren, wenn man es schafft, seine gewohnten Lebensumstände radikal zu ändern. Jeder kennt das. Man macht Urlaub für 1 Woche in einem Hotel, weit weg von zu Hause. Dort ist das tägliche Leben ganz anders als gewohnt. Viele mentalen Probleme sind im Hotelurlaub nicht mehr vorhanden. Bis man zurückkehrt und in seine gewohnte Lebensumgebung eintaucht . . . Man kann mit einer solchen Änderung der Lebenssituation viel erreichen, wenn man nicht wieder in die alten Muster verfällt.
    ODER (2. Variante): Man erreicht viel durch mentales Training. Wie ein Sportler jeden Tag bestimmte Bewegungsabläufe trainiert und übt, so geht das auch im Geiste. Wenn ich mir immer wieder sage, dass ich für bestimmte Dinge nicht die Ursache bin (und damit keine Schuld trage), so kann das zu einer geistigen Wandlung führen, wenn man es sich nur oft genug ins Gedächtnis ruft und mit dem Bauch auch fühlt. Es nützt nichts, sich das immer nur jeden Tag zu sagen, man muss auch gefühlsmäßig dahinter stehen und davon überzeugt sein. Dann wird irgendwann der Zustand eintreten, dass man beispielsweise mit Schuld keine oder nur noch geringe Probleme hat.
    Diese Methode funktioniert u.a. auch bei anderen „Problemzonen“ . . .
    Es ist alles eine Kopfsache bei jedem selbst (nicht bei anderen) !!!
    Die Kunst oder das Können ist es, seinen Kopf mit dem Bauch zu kontrollieren, nicht umgekehrt.

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    • Lieber Sören,

      danke dir für deinen Zuspruch! Ich bin auch ganz bei dir, dass man alles erreichen kann, wenn man seine Gewohnheiten ändert. Und dass das weit aus länger braucht, als nur ein paar Tage.
      Wir haben uns jahrelang ein schlechtes Verhalten/einen schlechten Umgang mit und selbst antrainiert, da ist es nicht wunderlich, dass das Abtrainieren und neu Erlernen einige Zeit und Übung braucht. Und wie du sagst auch das dazugehörige Gefühl. Wünschen allein reicht eben nicht 😉

      Danke dir für deine Erfahrungen. Toll, dass du das schon in einigen Bereichen geschafft hast!

      Liebe Grüße
      Bettina

  3. Schuldparadoxon:
    Verursacht jemand bei mir Schuldgefühle, dann ist derjenige Schuld, dass es mir schlecht geht. Die menschliche Abwehr ist ihm mein schlechtes Gefühl vorzuwerfen.
    Damit kann ich in ihm ein Schuldgefuhl erzeugen. Ihm heimzahlen. Das tut gut!! Es lenkt von dem eigenen Schmerz ab.
    Ist das eine Lösung? Nein. Es geht dann immer weiter.

    Der Spruch von Marie Methfessel meint es ist über das Verstehen der Ursache zu lösen.
    Bring gar nichts. Denn in dem Versuch zu verstehen gibt es zwei Resultate: der Betreffende hat recht mit seinem Vorwurf, dann trage ich begründet an der Schuld. Oder er hat nicht recht, dann trage ich an der ungerechten Kränkung.

    Lösung?
    Bedingungsloser Vergebung nach christlichem Vorbild. Dem anderen vergeben, wie mir selbst. Es befreit mich und beendet das Schuldparadoxon.

    Danke für den interessanten Blog!

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    • Vielen Dank für deinen Kommentar! Vom Schuldparadoxon habe ich noch nie gehört. Eine interessante Sichtweise.
      Liebe Grüße
      Bettina

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