Wer kennt nicht die Selbstvorwürfe, man hätte dies oder jenes anders machen können – sollen – müssen. Die Mail ist abgeschickt, der Termin vergessen, die ehrliche Meinung im Affekt ausgesprochen oder jemand ist vernachlässigt worden.
Kurz darauf schaltet sich das schlechte Gewissen ein. Man fühlt sich schuldig und schlecht.
Ich möchte dir in dieser kleinen Serie das Thema Schuldzuweisungen näher bringen und dir vor allem beibringen, wie du dich von Schuldgefühlen befreien kannst. In Teil 1 geht es um die Schuldzuweisungen, die du dir selbst gibst und in Teil 2 um jene, die andere dir geben möchten.
Im Überblick:
- Teil 1: 4 Wege, um dein schlechtes Gewissen loszuwerden
- Teil 2: Vorwürfe gelassener nehmen – so gelingt es dir
Warum du ein schlechtes Gewissen bekommst
Ein schlechtes Gewissen ist ein Schuldgefühl und taucht immer dann auf, wenn du das Gefühl hast, etwas falsch gemacht zu haben. Wenn du der Meinung bist, unangemessen, widerrechtlich oder schädlich gehandelt zu haben. Wenn du offensichtlich oder im Verborgenen einen Fehler begangen hast. Oder wenn du im Nachhinein erkennst, dass dein Verhalten gar nicht deinen persönlichen Werten entsprochen hat.
Wenn du glaubst:
- etwas hättest tun müssen, was du nicht getan hast
- etwas hättest nicht tun sollen, was du jedoch getan hast
- etwas hättest anders machen müssen, als du es getan hast
Es entsteht jedoch wohlgemerkt nur dann, wenn du selbst der Meinung bist, fälschlich gehandelt zu haben. Es kommt immer darauf an, wie du dein (Nicht-)Verhalten bewertest und demnach beurteilst.
Wenn du ein schlechtes Gewissen bekommst, dann, weil du es entstehen lassen hast.
Du kannst natürlich auch ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn ein anderer Mensch dir Vorwürfe macht (auf diesen Aspekt gehe ich nächste Woche in Teil 2 ein), jedoch auch dann bist du der Meinung oder lässt dir einreden, dich falsch verhalten zu haben und lässt demnach auch in diesem Fall zu, dass ein Schuldgefühl in dir entsteht.
4 Möglichkeiten, dein schlechtes Gewissen loszulassen
Nun ist es wichtig, dich von diesem belastenden Gefühl zu befreien, weil es nichts bringt, außer Leid. Dazu schlage ich dir vier Möglichkeiten vor:
1. Frage dich, ob du in bestem Wissen und Gewissen gehandelt hast
Wenn du das, was du nun bereust, zum Zeitpunkt, als du es ausgeführt hast, nicht schuldhaft gehandelt hast, wenn du in bestem Wissen und Gewissen gehandelt hast und die Frage demnach mit JA beantworten kannst, dann kannst du dir nichts vorwerfen. Zu diesem Zeitpunkt hattest du das Gefühl, alles richtig zu machen. Sei nachsichtig mit dir. Es war ganz und gar nicht deine Absicht, Schaden zu verursachen oder jemanden zu verletzen. Du brauchst dich dafür nicht zu verurteilen und als schlechten Menschen darzustellen. Die Erfahrung und Erkenntnis sind sprichwörtlich „Strafe genug“. Du wirst diesen Fehler nicht wieder machen.
Lass dein Schuldgefühl los, weil du nicht schuldhaft gehandelt hast.
2. Denke an Ursache und Wirkung
Denke nicht in Schuld, sondern in Ursache und Wirkung. Du hast dich so und so verhalten und durch diese Ursache entstand diese und jene Wirkung.
Mit dem Gefühl an Schuld fällst du in eine Opferrolle und wirst durch die Last der Schuld handlungsunfähig. Wenn du in Ursache und Wirkung denkst, entsteht kein schlechtes Gewissen. Du nimmst wahr, was ist, ohne es zu bewerten. Dadurch bist du handlungsfähiger, als mit einem Schuldgefühl und kannst tun, was nötig ist.
3. Tue was nötig ist
Wenn du das Gefühl hast, du musst etwas klarstellen oder dich entschuldigen, dann tu das. Jedoch nicht in der Opferhaltung, sondern mit erhobenem Haupt. Du sollst nicht stolz auf deinen Fehler sein, aber steh dazu, dass du einen Fehler gemacht hast und mach deutlich, dass es nicht deine Absicht war, diese Folgen hervorzurufen. Wenn du den Fehler begradigen kannst, dann tu ebenfalls, was dir möglich ist. Und dann lass los vom Schuldgefühl. Du hast getan, was du tun konntest. Du hast dich entschuldigt, den Fehler begradigt oder sogar behoben. Und du hast für die Zukunft gelernt. Mehr geht nicht.
4. Lerne daraus
Wenn du den Eindruck hast, einen Fehler gemacht zu haben, dann nimm diese Erfahrung mit für die Zukunft. Du kannst nicht mehr rückgängig machen, was bereits vergangen und passiert ist. Du kannst nur noch die Verantwortung ab jetzt übernehmen. Triff deine Entscheidungen bewusster und handle so, dass du das, was du aus jetziger Sicht anders gemacht hättest, zukünftig anders machst. Auch damit hast du getan was nötig und möglich ist und kannst dein schlechtes Gewissen loslassen.
Viele Menschen neigen dazu, sich selbst Vorwürfe und Schuldgefühle zu machen. Bedenke aber immer, dass das nicht bringt, außer ein belastendes und beklemmendes Gefühl. Auch dem anderen ist damit nicht geholfen. Was geschehen ist, ist geschehen. Bereue es nicht, sondern sieh nach vorne und wisse, was du in Zukunft anders machen würdest.
Nimm diese Lektion dankbar an. Sie hat dich auf deinem Weg weitergebracht.
Wie gehst du mit einem schlechten Gewissen um? Hast du noch andere Wege, um sich von ihm zu befreien?
Ich freue mich auf deine Tipps und Erfahrungen.
Nächste Woche in Teil 2 geht es um das Thema Vorwürfe und wie es dir gelingen kann, Vorwürfe nicht mehr so zu Herzen zu nehmen.
Weiterführende Links:
- Auf Eigensinn&Lebenslust erfährst du, wie du in vier Schritten ein schlechtes Gewissen loswirst.
Hi, ich bin Bettina. Als Coach und Autorin helfe ich hochsensiblen Menschen dabei, Stabilität und Stärke in sich selbst zu entwickeln und ein Leben zu gestalten, das sie tief im Inneren zufrieden macht.
Oh Gottchen,
wie habe ich mich selbst fertig gemacht, weil ich vor lauter Zahnarztangst zu viel Beruhigungsmittel genommen habe und er hat mich dann wieder heim geschickt, weil ich Ballaballa war. Das Wort „schämen“ reicht nicht, denn ich wollte nur noch „nicht mehr da sein“!
Aus purer Verzweiflung kam ich auf Deine Seite und habe verstanden, dass ich nichts falsch gemacht habe in meinen Augen. Ich hatte einfach zu viel Angst vor dem Zahnarzt, habe niemand etwas getan, und meine Schlaftabletten vom Vortag unterschätzt!!!!!!!!!
Mein Kopf weiß es jetzt dank Dir, nur meine Gefühle sind eine andere Hausnummer.
Liebe Andrea,
vielen Dank für deine Rückmeldung. Ich freue mich sehr für dich, dass du verstanden hast, dass du nichts falsch gemacht hast. Das ist der erste Schritt. Das Herz braucht oft länger. Vielleicht hilft dir diese Meditation, oder auch der dazugehörige Beitrag um dich mit dem unangenehmen Gefühl anzufreunden, es sein – und mit der Zeit loslassen zu können.
Alles Liebe
Bettina