Manchmal vergessen wir, dass es nicht darum geht, Gefühle zu kontrollieren oder zu verändern, sondern sie einfach zu fühlen. Gefühle fühlen – das klingt so simpel, und doch ist es oft eine Herausforderung. Wir neigen dazu, unangenehme Emotionen zu verdrängen oder an schönen Momenten festzuhalten. Doch wahre innere Freiheit entsteht, wenn wir alle Gefühle annehmen, ohne an ihnen zu haften oder sie abzulehnen.
Wir müssen Trauer empfinden, ohne ein Ende des Schmerzes herbeizusehnen. Dann können wir Trauer spüren, ohne unter ihr zu leiden. Und wenn wir Freude spüren, ohne uns dabei nach noch mehr Freude zu sehnen, dann können wir Freude leben, ohne unseren inneren Frieden zu verlieren. – Yuval Noah Harari
Diese Worte vom israelischen Historiker und Autor Yuval Noah Harari haben mich tief berührt. Sie sind eine Erinnerung daran, dass unser Leiden nicht aus unseren Gefühlen selbst entsteht, sondern aus unserer Anhaftung oder unserem Widerstand gegen sie. Sie zeigen mir, dass es möglich ist, Gefühle in ihrer ganzen Tiefe zu spüren, ohne in ihnen gefangen zu sein. Dass wir lernen können, den Wellen unserer Emotionen mit Vertrauen zu begegnen, anstatt uns gegen sie zu stemmen.
Erlaube dir zu fühlen
Wir hochsensiblen Menschen fühlen viel und wir fühlen intensiv. Für manch einen Hochsensiblen mag die aktuelle gesellschafts-politische Lage ganz besonders gefühlsintensiv und damit herausfordernd, belastend, schmerzhaft und schwer zu ertragen sein.
Was auch immer der Grund dafür ist – das Geschehen in der Welt oder das persönliche Leben betreffend – wenn du unter deinen Gefühlen leidest, lade ich dich mit den Worten von Yuval Noah Harari dazu ein, jegliches Wollen loszulassen und in die Ruhe des Seins zu finden.
Fühle, was du fühlst, ohne Bewertung.
Wenn du traurig bist, dann fühle Trauer. Jetzt. So wie sie sich dir zeigt und sich durch dich ausdrücken möchte.
Wenn du glücklich bist, dann fühle Freude. Jetzt. So wie sie sich dir zeigt und sich durch dich ausdrücken möchte.
Und wenn du dich wie gelähmt fühlst, betäubt und müde von den intensiven Gefühlsregungen der letzten Zeit, dann fühle auch das. Jetzt. So wie es sich dir zeigt und sich durch dich ausdrücken möchte.
Fühle, ohne etwas weghaben, herbeisehnen oder halten zu wollen.
Fühle ohne Widerstand und ohne Anhaftung.
Fühle ohne Wollen.
Fühle ohne Kampf.
Dein Atem fließt.
Das Leben fließt.
Deine Gefühle fließen.
Und Veränderung ist gewiss.
Fühle und sei.
Fühle und lass los.
Vermutlich wirst du feststellen, dass sich der Frieden langsam in dir ausbreitet. Dass das Gefühl sich wandelt, sich verwandelt. Nichts bleibt, wie es ist – auch nicht die Emotionen, die dich jetzt vielleicht noch belagern. Je mehr du sie annimmst, desto freier können sie weiterziehen.
Gefühle als Wegweiser annehmen
Oft neigen wir dazu, unsere Gefühle als Hindernisse zu betrachten. Doch was, wenn sie vielmehr Wegweiser sind? Was, wenn sie uns nicht belasten, sondern uns helfen wollen, uns tiefer zu verstehen und in unserem Sein anzukommen?
Unsere Trauer zeigt uns, was uns wichtig ist. Sie macht uns bewusst, dass wir lieben und dass uns etwas bedeutet. Unsere Freude zeigt uns, wo unser Herz sich entfaltet, was uns nährt und belebt. Auch Gefühle wie Angst oder Wut haben ihre Berechtigung – sie wollen uns beschützen, uns ermutigen, Grenzen zu setzen oder für etwas einzustehen.
Anstatt gegen unsere Gefühle anzukämpfen, können wir lernen, mit ihnen zu sein, ihnen Raum zu geben und sie als Teil unserer inneren Landschaft anzunehmen. Kein Gefühl ist dauerhaft, alles kommt und geht wie die Wellen des Meeres. Wenn wir uns dieser natürlichen Bewegung hingeben, entsteht eine tiefe innere Freiheit.
Die Kraft der Achtsamkeit
Achtsamkeit kann uns dabei helfen, diesen Weg bewusst zu gehen. Durch Achtsamkeit können wir unsere Gefühle wahrnehmen, ohne uns von ihnen überwältigen zu lassen. Sie lehrt uns, im Hier und Jetzt zu sein, ohne in vergangenen Erlebnissen zu verharren oder uns vor zukünftigen Möglichkeiten zu fürchten.
Ein einfacher Weg, dies zu üben, ist der bewusste Atem. Wann immer du merkst, dass du dich in intensiven Emotionen verlierst, bringe deine Aufmerksamkeit zu deinem Atem. Spüre, wie er ein- und ausströmt. Lass ihn sein, ohne ihn zu kontrollieren. Dein Atem ist dein Anker, er erinnert dich daran, dass du lebendig bist, hier und jetzt.
Gefühle fühlen – ein Schlüssel zu innerer Freiheit
Es ist nicht immer leicht, sich dem Fluss des Lebens anzuvertrauen. Doch indem wir lernen, unsere Gefühle ohne Anhaftung oder Widerstand zu erleben, öffnen wir uns für eine tiefere Ruhe und Akzeptanz. Wir müssen nichts reparieren, nichts erzwingen. Alles darf sein, so wie es ist. Und genau darin liegt unsere größte Freiheit.
Möge dieser Gedanke dich begleiten und dir helfen, mit deinen Gefühlen in Freundschaft zu sein. Denn wenn du sie liebevoll annimmst, anstatt sie zu fürchten oder zu verdrängen, dann werden sie zu deinem Wegweiser, nicht zu deiner Last.
Mögest du Frieden in dir finden.
Podcast-Empfehlung
- In meiner Podcast-Folge 020 erfährst du, warum Gefühle fühlen dich von Stress befreit und in die Lebendigkeit zurückbringt.
- In meiner Podcast-Folge 016 gebe ich dir einen „Crashkurs in Gefühlen“ – um die Gefühle zu verstehen und für dich zu nutzen
Hi, ich bin Bettina. Als Coach und Autorin helfe ich hochsensiblen Menschen dabei, Stabilität und Stärke in sich selbst zu entwickeln und ein Leben zu gestalten, das sie tief im Inneren zufrieden macht.