Empathie ist die Fähigkeit und Bereitschaft, sich in andere Menschen einzufühlen. Jeder Mensch besitzt von Natur aus die Fähigkeit zur Empathie. Viele Menschen haben diese Fähigkeit jedoch verlernt bzw. verloren, weil sie zu sehr auf sich fokussiert oder zu sehr im Außen behaftet sind. Je weniger Empathiefähigkeit ein Mensch besitzt, desto leichter gerät er in Konflikte – innerlich wie äußerlich.
Die Konfliktspirale
Irritation
Mangelnde Empathie führt zu einem mangelnden Verständnis für das Erleben und Verhalten eines anderes Wesen. Das heißt, es kommt zu einer Irritation, weil wir nicht nachvollziehen können, warum sich jemand so verhält, wie er es tut.
Verzerrte Wahrnehmung
Diese Irritation lässt eine verzerrte Wahrnehmung entstehen. Es macht einfach keinen Sinn, was wir wahrnehmen und ist daher für uns unverständlich.
Suche von Gleichgesinnten
Das mangelnde Verständnis führt dazu, dass wir in einer solchen Situation andere Menschen suchen, die ebenfalls irritiert sind und dieses Unverständnis teilen. Das können dann solche Gespräche sein wie: „Du hör mal, hast du das mitbekommen? Was war das denn? Wie der sich aufführt!“, „Der spinnt ja, was ist mit dem los?“. Vielleicht kennst du solche Situationen selbst.
Verlust von Empathie
Ein solche Zusammenschluss von Menschen, die die gleiche (verzerrte) Wahrnehmung teilen, führt zu einem weiteren Verlust von Empathie für den Menschen, über den geredet wird. Es führt zu einem noch geringeren Verständnis für ihn und sein Verhalten. Und daraus ergibt sich noch mehr Irritation.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Je mehr Empathiefähigkeit ein Mensch besitzt, desto friedvoller ist er und desto harmonischer ist sein Umgang mit anderen Menschen.
Die wundervollen Auswirkungen von Empathie
Empathie ermöglicht dir Verständnis
Die Fähigkeit, dich in andere Menschen einzufühlen, ermöglicht dir zu verstehen, was ein anderer Mensch fühlt und was die Beweggründe für sein Verhalten sind. Dieses Verständnis lässt Bewertungen und Urteile über ihn gar nicht erst aufkommen. Die Kommunikation mit anderen Menschen findet wertschätzend und auf Augenhöhe statt und wird durch das Verständnis harmonischer und wirksamer.
Empathie schafft Verbundenheit
Empathie ermöglicht dir, dich mit Menschen auf einer tieferen Ebene zu verbinden. Durch das Verständnis fühlt der andere sich mit dir verbunden, weil er sich mit seinen Gefühlen und in seiner Situation nicht mehr so alleine fühlt. Vertrauen wächst. Deine Beziehungen werden durch die Empathie liebevoller, tiefer und fester.
Empathie erweitert dein Bewusstsein
Empathie ermöglicht dir, deine Wahrnehmung zu erweitern und Dinge aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Du siehst nicht mehr nur, welche Auswirkungen etwas auf dich und dein Leben hat, sondern erfasst einen größeren Zusammenhang. Dadurch erreichst du ein tieferes Verständnis für die Dinge.
Empathie lässt deine Dankbarkeit wachsen
Empathie öffnet deinen Blick für das Leid und den Schmerz anderer Menschen, was auch dazu führt, dass sie deine Wertschätzung für all das, was Freude ist, wachsen lässt.
Der Stau – Wie Empathie mir inneren Frieden geschenkt hat
Ich habe ein aktuelles Beispiel, bei dem mir meine Empathiefähigkeit ermöglicht hat, innere Ruhe und Frieden zu bewahren. Es war Samstag und ich wollte den Vormittag nutzen, um in einem Möbelhaus zu fahren und etwas einzukaufen. Die Fahrt dauert normalerweise ca. 45 Minuten. Auf der Autobahn stand ich dann unverhofft in einem endlos langen Stau. Ich war erst verärgert, weil kein Ende in Sicht war und meine Tagesplanung über den Haufen geworfen wurde. Und doch wusste ich, dass Aufregung nichts bringt und lenkte meinen Fokus weg von mir, hin zu dem, was dort gerade stattgefundet hat.
Ich habe wahrgenommen, wie sich die anderen Autofahrer aufregten. Ich habe mich gefragt, wie viel negative Energie gerade allein aus diesem Stau ins Universum geschickt wird und wollte mich nicht daran beteiligen. Zeitgleich habe ich ihr Verhalten nachvollziehen können. Den Ärger, den sie fühlen, den (begrenzten) Fokus auf sich selbst und die fehlende Empathie.
Ich habe mich auch gefragt, was wohl passiert sein könnte. Vielleicht gab es einen Unfall mit Verletzten. Ich habe Mitgefühl für diese Situation aufgebracht. Für diese Menschen, die möglicherweise in einem Unfall verwickelt sind und was er für diesen Menschen selbst und die Angehörigen bedeuten könnte. Wie es ihnen wohl gehen muss und was ein Unfall für Folgen für sie haben könnte, während andere hier nur auf sich fokussiert sind und sich ärgern, nicht rechtzeitig irgendwo anzukommen.
Ich habe auch Dankbarkeit gespürt dafür, dass ich – was auch immer tatsächlich passiert ist – nicht darin verwickelt bin. Dass ich gesund bin und es mir gutgeht. Dass es überhaupt nicht von Bedeutung ist, ob ich zwei Stunden später daheim bin, als ich vorgesehen hatte. Ebenso war ich dankbar dafür, dass ich die Fähigkeit der Empathie besitze, mir dadurch inneren Frieden ermögliche und dank solchen Situationen Empathie auch nochmal verstärkt lernen kann.
Wie du Empathie trainieren kannst
Da jeder Mensch von Natur aus die Fähigkeit zur Empathie besitzt, kann sie (wieder) erlernt und gestärkt werden. Folgende Tipps helfen dir dabei:
Ehrliches Interesse am anderen Menschen
Ein ehrliches Interesse am anderen Menschen ist nötig, um ihn überhaupt verstehen zu können. Wir leben in einer sehr egoistischen Welt, in der die meisten Menschen nur an sich interessiert sind. Ihnen ist nur wichtig, was sie selbst denken, wie es ihnen selbst geht oder was irgendein Ereignis oder Verhalten für Auswirkungen auf ihr eigenes Leben hat. Das sind zum Beispiel auch Menschen, die in einem Gespräch nur darauf warten, wann sie endlich selbst zum Reden kommen. Sie hören nicht zu, um zu verstehen. Sie hören zu, um zu antworten. Mit einer solchen Haltung können wir andere nicht verstehen, weil wir nicht offen für ihre Welt sind.
Ehrliches Interesse am anderen bedeutet, dich selbst zurückzustellen und dem anderen Raum zu geben. Mit echtem Interesse Menschen begegnen, sie wahrnehmen, beobachten, ihnen zuzuhören. Nur dann hast du die Chance, sie in ihrem Verhalten und Erleben verstehen zu können.
Nachfragen
Wenn uns Menschen mit ihrem Verhalten irritieren, neigen wir dazu, uns Gleichgesinnte zu suchen und mit ihnen (schlecht) über diese Menschen zu reden. Wir stellen Behauptungen und Vermutungen auf und basteln uns unsere eigene Wahrheit zusammen. Wir vergessen dabei leicht, dass es nicht die Wahrheit ist, die wir da erfunden haben, sondern dass es lediglich Annahmen und Vermutungen sind.
Würden wir mehr nachfragen, würden wir ein besseres Verständnis für unsere Mitmenschen bekommen. Und mit Nachfragen meine ich mit ehrlichem Interesse nachfragen. Mit Neugier, wer dieser Mensch ist und warum er sich so gibt oder verhält, wie er es tut. „Du mich würde es echt interessieren, warum dir das so wichtig ist.“ „Was hat dich dazu bewogen, diese Entscheidung zu treffen?“ „Was hat dich jetzt so verärgert in diesem Moment?“
Mitgefühl entwickeln
Ehrliches Interesse und Nachfragen schaffen ein besseres Verständnis für das Verhalten und Erleben anderer Menschen. Doch Empathie umfasst mehr, als nur rational zu verstehen, was in einem Menschen vorgeht. Es beinhaltet die Fähigkeit, sich auch in andere Menschen (Lebewesen) einfühlen zu können. Wirklich nachvollziehen zu können, wie es jemand geht und warum er sich so fühlt oder so verhält, wie er es tut.
Hier ist es wichtig, achtsam zu sein, um nicht in Mitleid zu verfallen. Es geht nicht darum, mitzuleiden und die eigenen Gefühle ins Spiel zu bringen, sondern aus einer distanzierteren Haltung mitzuschwingen mit dem, was im anderen vor sich geht.
Falls du leicht in Mitleid verfällt, gibt es eine wirksame Technik, um bewusst bei dir selbst anzukommen. Spanne dazu deinen Körper einmal kurz und kräftig an und sprich in Gedanken: „Ich kehre zu meinem eigenen Erleben und meinen eigenen Gefühlen zurück und lasse die Gefühle von (meinem Gegenüber) los.“
Beobachte dein Umfeld
Andere Menschen mit einem unvoreingenommenen Blick zu beobachten, kann dir helfen, ein besseres Verständnis für sie zu entwickeln. Mit unvoreingenommen meine ich vorurteilslos. Ein reines Beobachten ohne gleich eine Vermutung aufzustellen. Nimm wahr, was du siehst und lasse dich dann von der Frage leiten: Warum könnte dieser Mensch sich so verhalten, wie er es tut? Was möchte er dadurch für sich sicherstellen? Was ist ihm in diesem Moment wichtig? Je mehr du deinen Blick für die Welt anderer öffnest, desto leichter fällt es dir, sie zu verstehen.
Lerne dich selbst kennen
Je besser du dich selbst verstehst und Empathie dir selbst entgegenbringst, desto leichter wird es dir fallen, andere zu verstehen und dich in sie einzufühlen. Lerne dich daher selbst besser kennen. Beobachte deine Gefühle und die Auslöser dafür. Beobachte dein Verhalten, deine Reaktionen und erforsche die Auslöser dafür. Wichtig dabei ist, freundlich mit dir zu sein. Harsche Selbstkritik, weil du dich zum Beispiel in einer Situation schämst, wird dir nicht dabei helfen, Mitgefühl für andere in einer solchen Situation aufzubringen.
Wir Menschen sind gar nicht so unterschiedlich. Wir können uns sogar oft leicht in andere Menschen einfühlen, weil wir eine ähnliche Situation selbst schon erlebt haben und sie daher wirklich nachfühlen können. Das muss uns in diesem Moment jedoch nur bewusst sein. Je besser deine Achtsamkeit, dein Verständnis und Mitgefühl für dich selbst ist, desto leichter wird es dir fallen, andere zu verstehen und dich in sie einzufühlen.
Erwecke die Empathie in dir
Es kann etwas Zeit brauchen, die Fähigkeit der Empathie wieder spürbar zu machen und im Alltag zu nutzen. Sie (wieder) zu erlernen ist jedoch wirklich lohnenswert, weil sie eine wundervolle Ressource für mehr innere Ruhe und ein harmonischeres Miteinander ist. Wenn Klientinnen in Konfliktsituationen zu mir ins Coaching kommen, nutze ich gerne ein Tool, bei dem die Empathiefähigkeit aktiviert wird. Sie ist ein hervorragendes Mittel, um Situationen aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, Erkenntnisse zu gewinnen und Ärger und Wut in eine neue Energie zu wandeln.
Was sind deine Erfahrunge mit Empathie?
Hi, ich bin Bettina. Als Coach und Autorin helfe ich hochsensiblen Menschen dabei, Stabilität und Stärke in sich selbst zu entwickeln und ein Leben zu gestalten, das sie tief im Inneren zufrieden macht.